Demografische Entwicklung – Quo vadis duale Ausbildung? Unter diesem Leitthema stand der Vortrag am 27.03.14, zu dem der Förderverein der Kaufmännischen Schule eingeladen hatte. Als Referenten konnte dafür Wilhelm Heinrich Stoll, geschäftsführender Gesellschafter der Fa. koennen & handeln gmbh, gewonnen werden.
Die berufliche Ausbildung ist starken Veränderungen ausgesetzt. Die demografische Entwicklung wird in den kommenden Jahren die Zahl der Schulabgänger und somit die Anzahl der potentiellen Auszubildenen deutlich schrumpfen lassen. Im Gegenzug wird die Zahl der über 60-jährigen deutlich ansteigen, was auch ein Ausscheiden vieler Führungskräfte aus dem Berufsleben bedeutet.
Der weitgereiste und erfahrene Referent Stoll hatte dies in seinem Fazit seiner Studie über die Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Waldshut resümiert. In aufwändiger Recherche wurden verschiedene Erhebungen des Statistischen Landesamtes zusammengetragen und mit den Landkreisen des Hochrheins Konstanz, Lörrach und Waldshut verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass der Landkreis Waldshut im Gegensatz zu seinen Nachbarkreisen eine geringere Zuwanderung zu verzeichnen hat. Dagegen überwiegt in allen Regionen das Geburtendefizit: deutlich weniger Kinder werden geboren als Menschen sterben. Dieses Defizit kann auch bei uns nicht ausgeglichen werden.
Was bedeutet dies für unsere duale Ausbildung? Der Ausbildungsmarkt wird in den kommenden Jahren mit deutlich weniger Auszubildenden auskommen müssen. Der Fachkräftemangel wird sich auch in der Schweiz, die eine ähnliche demografische Entwicklung erfährt, deutlich verschärfen. Daher wird die Ressource Personal zu dem Schlüsselfaktor im Erfolg eines Unternehmens. Das Know-how der Fachkräfte wird begehrter denn je und ist auch nicht einfach einzukaufen.
Die Zuhörer konnten einen spannenden und lebensnahen Vortrag erleben. Neben den veränderten Rahmenbedingungen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sind auch deutliche Veränderungen bei den Schulabgängern festzustellen. Die persönlichen und sozialen Kompetenzen der Heranwachsenden wurde durch die rasante Entwicklung auf dem Medienmarkt beeinflusst. „Heute finden Sie keinen Jugendlichen mehr ohne Smartphone“, so Stoll. „Der einfache Umgang mit einem Besen stellt hingegen bereits einige vor eine erstmalige Herausforderung.“ Auf diese Veränderungen mussten sich die ausbildenden Betriebe in den vergangenen Jahren bereits einstellen.
Die Veränderungen in der Entwicklung der Jugendlichen nehmen die Lehrkräfte an der Kaufmännischen Schule in Waldshut deutlich wahr, kommentierte Norbert Lüttin. Defizite in der Erziehung können bei Schülern ab 16 Jahren jedoch nicht mehr vollständig durch die Schule ausgeglichen werden.
Patrick Isele, selbst ehemaliger Wirtschaftsschüler und nun Ausbilder bei der Fa. Holzwarth, attestierte den Kaufmännischen Schulen Waldshut eine hervorragende Vorbereitung der Schüler für die berufliche Ausbildung in der Wirtschaftsschule und dem Berufskolleg. Er sieht diese beiden Schularten als unverzichtbaren Baustein in der Vorstufe der beruflichen Ausbildung. Diese anerkennenden Worte wurden von den anwesenden Lehrkräften dankend entgegengenommen. Für Unverständnis sorgte bei den anwesenden Unternehmen die Perspektive, dass gerade vor diesem Hintergrund die Veränderungen in der Bildungslandschaft den Fortbestand der zweijährigen Berufsfachschulen akut gefährden.
Wie können die Unternehmen auf diese Veränderungen reagieren? Eine verstärkter Wettbewerb ist bereits auf dem Ausbildungsmarkt festzustellen. So werben heutzutage Discounter intensiv mit Ausbildungsplätzen für den Nachwuchs. Weiterhin wird die Abdeckung des Fachkräftebedarfs eine Schlüsselrolle in den Unternehmen einnehmen. Verschiedene Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung wurden vorgestellt. Sie werden für Unternehmen bedeutsamer, um die Fluktuation von Fachkräften möglichst gering zu halten.